Inselkinder – Der Fall ins Nichts

Auch auf Fehmarn wirft das Schicksal dunkle Schatten
Erik fällt. Tiefer als er es jemals für möglich gehalten hat. Seine Welt zerbricht in tausend Scherben.

Erik steht vor den Trümmern seiner Ehe. Mühevoll versucht er, nach diesem Fall wieder aufzustehen, doch er strauchelt und stolpert immer wieder. Bis er nicht mehr weiter weiß.

Was geschieht, wenn dir plötzlich alles zu viel ist?

LESEPROBEN:

Ich halte den Atem an, kann nicht fassen, was ich höre, doch mein Gehirn zeigt mir Bilder, die ich nicht sehen will und sofort wieder verdränge. Ich weiß nicht, ob ich das Schlafzimmer – mein Schlafzimmer – schnell betreten soll, oder besser vorsichtig hineinspähen, doch meine Überlegungen lassen meine Beine offenbar kalt, die mich stoisch zur Zimmertür tragen.
Für einen Augenblick schließe ich die Augen, doch das Stöhnen und Seufzen kann ich damit nicht aus meiner Wahrnehmung verbannen. Ich atme. Tief. Und öffne meine Augen wieder.
Dann schiebe ich die angelehnte Tür auf.

Der Fall ins Nichts (Zuhause)

Ich renne die letzten Meter über den Strand und durch die Brandung, bis mich das kalte Wasser umschließt, mich empfängt, zuverlässig wie immer. Ich tauche ein, mache kraftvolle Schwimmzüge und als raubten diese meinem Körper die letzte Kraft, entspannen sich meine Muskeln.
Ich schwebe in den Wellen. In der Leere. Ich schließe die Augen und lasse mich treiben.

Der Fall ins Nichts (Wellen)

Jasper seufzt und schaut mich an. »Es kommt manchmal der Punkt im Leben, da wacht man auf und stellt all seine Entscheidungen infrage. Da taugt plötzlich der beste Plan nicht mehr. Schau dir deinen Bruder an. Niemand hätte gedacht, dass dieses Inselkind Fehmarn jemals den Rücken zukehren könnte, um auf dem Festland zu leben. Oder gar in einer Großstadt. Und was macht er?«

Der Fall ins Nichts (Scherben)

Sie reckt ihr Kinn in die Höhe. »Ich bin nicht dazu geschaffen, auf dieser Insel zu verrotten.«
Mein Mund öffnet sich wie von selbst und ich schließe ihn schnell wieder. »Wie bitte?«
»Ich wollte schon lange weg. Ich wäre damals mit Liko und dir nach Australien aufgebrochen, aber du wolltest nicht.«
»Du warst hochschwanger und ich kurz vor Beendigung meines Studiums«, erinnere ich sie.
Svenja hebt die Hände in einer Was-soll’s-Geste und zuckt mit den Schultern. »Wir hätten einen Weg gefunden. Du warst nur feige. Wolltest Sicherheit.«
»Durch die du jetzt neun Jahre lang ein sehr bequemes Leben gehabt hast.«
»Mein Leben war vor allem eines, Erik. Langweilig.«

Der Fall ins Nichts (Gespräch)